Eigentlich ist der Schreinerberuf in sich schon vielfältig. Er verbindet traditionelles Handwerk mit neuen Technologien, modernen Maschinen und die Arbeit mit verschiedenen Materialien. Noch herausfordernder wird der Beruf, wenn aussergewöhnliche Projekte realisiert werden. Genau an einem solchen Projekt arbeitet Lino Landolt aktuell. Er will sich sein eigenes Fahrrad selbst erbauen. Wie es sich für einen Schreiner gehört, natürlich aus Holz. «Eine der grössten Herausforderungen war die Materialsuche. Ich habe mich für Eschenholz entschieden. Dieses ist stabil und hält Schläge aus», erzählt Lino Landolt während er Teile des Fahrradrahmens am Verleimen ist und ergänzt: «Eschenholz wird bei Besenstilen und Werkzeugstilen sowie Schlitten verwendet.» Damit sein künftiges Fahrrad auch optisch etwas hergibt, verwendet er als Mitteleinlage schwarz eingefärbte MDF-Platten – also Mitteldichte Holzfaserplatten.
Rennvelo vom Vater als Vorlage
Erfahrung im Bau von Fahrrädern haben weder Lino Landolt noch seine Arbeitskolleginnen und -kollegen der Schreinerei hr rechsteiner in Gossau: «Ich bin der erste in unserem Betrieb, der sich ein Holzvelo baut.» Als Vorlage verwendet Lino Landolt das alte Rennvelo seines Vaters. Verschiedene Bestandteile passt er seinen eigenen Vorstellungen und Bedürfnissen an. Aufgrund der Materialwahl mussten gewisse Teile von der Dimension her angepasst werden, damit diese den Beanspruchungen standhalten. Eine weitere Herausforderung für den Schreinerlehrling ist das richtige Verleimen der verschiedenen Komponenten. Bei der Arbeit stösst der 4.-Jahr-Lehrling immer wieder auf neue Problemstellungen, die gelöst werden müssen. «Ein Teil der Planung läuft rollend», gesteht Lino Landolt, der immer wieder nach Herausforderungen sucht. Der Aufwand sein eigenes Fahrrad aus Holz herzustellen ist jedoch bedeutend grösser, als ursprünglich angenommen: «Anfangs habe ich jeweils am Samstagmorgen an meinem Projekt gearbeitet. Inzwischen arbeite ich auch jeden Morgen von 6 bis 7 Uhr und fast jeden Abend von 17 bis 20 Uhr an meinem Velo.»
Fahrrad soll Einzelstück bleiben
In Serie gehen will Lino Landolt mit seinem Holz-Fahrrad nicht: «Dazu ist mir der Aufwand dann doch zu gross.» Er schätzt die Erfahrung und den Erfindergeist, den er dank seinem Projekt macht und schärfen kann. Ausschlaggebender Punkt, dass sich Lino Landolt dem Fahrrad-Projekt erst angenommen hat, war der Lehrlingswettbewerb der Schreiner. Bei diesem können Schreinerlehrlinge eigene Projekte realisieren. Ein Teil der Arbeiten wird vom 20. bis 24. April an der Offa ausgestellt. Falls Lino Landolt sein Fahrrad rechtzeitig fertig schafft, steht die Chance gut, dass sein Werk an der Frühlingsausstellung in den Olma-Hallen für Aufsehen sorgen wird. Denn es sticht sicher aus allen anderen Werken besonders heraus. Zur Jungfernfahrt hat sich Lino Landolt bereits Gedanken gemacht. Diese soll von seinem Arbeitsort in Gossau an seinen Wohnort in Waldkirch stattfinden. «Falls es wirklich funktioniert», ergänzt der Lehrling. Danach wird das Holz-Velo regelmässig auf dieser Strecke zum Einsatz kommen: «So kann ich etwas für meine Gesundheit tun.»