1‘232 Franken sparen Herr und Frau Schweizer eines Haushaltes im Mittel monatlich. Eigentlich eine schöne Summe, sollte man annehmen. Dagegen steht jedoch die Tatsache, dass die aktuellen Zinssätze nicht nur sehr tief sind, sondern die Inflation seit einiger Zeit im Steigen begriffen ist. Im November 2021 lag sie um 1,5% über dem Vorjahresmonat.
Was das bedeutet? Nun, es bedeutet, wer sein Geld auf herkömmliche Weise auf dem Sparbuch lagert, bekundet Mühe, die Kaufkraft des Ersparten zu erhalten. Die Inflation ist in der Regel höher als die Verzinsung.
In solchen Zeiten niedriger Zinsen und steigender Inflation werden für viele Menschen alternative Anlageformen interessant. Darunter auch echte und vermeintliche Wertgegenstände. Ein fast schon klassischer Weg sind Armband- sowie Taschenuhren. Doch taugen diese tatsächlich als Geldanlage? Und wenn ja: Was muss man dafür beachten?
Anlage ja, schnelle Geldvermehrungsmaschine nein
Ein Ührli kaufen, etwas warten und es zu einem guten Gewinn weiterverkaufen. Geht das wirklich? Nun, eher „jein“. Was stimmt, ist die Tatsache, dass es sich bei Uhren in der Tat um Kleinode handelt, die einen wirklich hohen Liebhaberwert entwickeln können. Damit sind sie entkoppelt von rein materiellen Werten (etwa Edelmetallpreisen) und stehen in einer Linie mit beispielsweise Oldtimern, altem Kinderspielzeug, Kunst oder Militaria und anderen historischen Stücken.
Damit allerdings unterliegen Uhren denselben Spielregeln. Das bedeutet grundsätzlich, dass es sich um einen völlig unregulierten Markt handelt. Es gibt niemanden, der Preise festlegt, keine Sicherheiten und leider, so ist es in solchen Fällen immer, ein unbestreitbares Risiko, einen Totalverlust zu erleiden.
Ausserdem muss klar sein, dass Uhren zwar einen absolut existierenden, aber dennoch überschaubaren Interessentenkreis aufweisen. Dass ein Modell einfach nur alt ist, bedeutet noch gar nichts. Über den Wert entscheiden viele andere Faktoren.
Das heisst, Uhren sind durchaus eine Möglichkeit, Geld in einen Wertgegenstand zu transferieren und damit sein Geld vor untragbaren Kaufkraftverlusten zu bewahren. Phantastische Renditen innerhalb kürzester Zeit sind jedoch bis auf extrem seltene Glücksfälle völlig illusorisch. Also eher krisenfeste Anlage statt Werkzeug für raschen Cash Flow; ganz klassisches Aktienportfolio statt Kryptowährung.
Wenn, dann nur Luxusprodukte
Ein alter VW Käfer kann im Vergleich zu seinem damaligen Neupreis heute beträchtliche Wertzuwächse verbuchen; ähnlich sieht es bei vielen anderen klassischen Fahrzeugen aus. Wer jedoch glaubt, heute eine beliebige Casio G-Shock, eine Apple-Watch oder ein ähnliches massenproduziertes Stück zu erwerben und sich in 20 Jahren zur Ruhe setzen zu können, der irrt gewaltig.
Dazu sind Uhren dann doch ein zu grosses Massengut. Chancen gibt es überhaupt nur für grosse Namen. Darunter – natürlich – verschiedene Rolex-Uhren, ferner Omega, Breitling, IWC und andere grosse Namen. Daraus ergeht auch eine weitere Tatsache: Wer Werte in Uhren anlegen will, muss „Werte in Uhren anlegen“, also tatsächlich von vornherein viele Franken in die Hand nehmen.
Die einzige Ausnahme dieser Regel ist die, die für jeden anderen Gegenstand gilt: Wenn eine Uhr einer bedeutenden Person der Zeitgeschichte (nachweislich!) gehörte, ist die Marke gleich. Nur sind solche Stücke ebenfalls sehr teuer und ob die günstige Uhr einer aktuellen Person in einigen Jahren kostbar sein wird, lässt sich kaum abschätzen.
Nur beim Profi kaufen
Die allermeisten Luxusuhren zeichnen sich dadurch aus, dass es sich um rein mechanische Stücke handelt. Also keine Quarz- und sonstigen Techniken. Ein enormes Problem in Sachen Wertanlage. Denn es gibt nicht nur zigtausende fähige Uhrmacher auf der Welt, sondern mittlerweile auch kostengünstige computergestützte Fertigungstechniken.
„Einige Duplikate sind derart perfekt gemacht, dass selbst Experten ins Grübeln kommen. Im Zweifelsfall muss die Uhr geöffnet werden; die versierten Fälscher ahmen die Ziffernblätter und alle anderen Merkmale vollkommen nach. Erst im Innern der Uhr wird offenbart, ob es sich um eine dreiste Fälschung oder ein echtes Stück handelt.“
So formulierte es das Magazin Capital bereits 2015 in einem Artikel. Die daraus ergehende Verhaltensweise wirkt sich direkt auf die Geldanlage aus: Wer nicht wirklich selbst ein solcher Experte ist, dass er eigenhändig Uhren bauen könnte, wird nicht umhinkommen, seine Anlageobjekte bei konzessionierten Händlern zu erwerben. Alles andere birgt schlicht ein viel zu unvertretbares Risiko, an eine Fälschung zu gelangen. Nur wissen die Händler natürlich, was ihre Stücke wert sind. Entsprechend ist es kaum möglich, Schnäppchen zu machen, die dramatisch unter Wert liegen.
Auf das Besondere achten
Eine Luxusuhr von einem etablierten Händler zu erwerben, ist eine grundsätzlich gute Möglichkeit, seine Franken in einen solchen Wertgegenstand zu investieren. Aber: Bis eine solche Uhr nennenswerte Wertzuwächse verbucht, können buchstäblich Jahrzehnte vergehen. Hier gilt in der Szene die Regel, dass der Uhrenkauf sehr viel mit dem Erwerb von Kunstgegenständen gemeinsam hat. Heisst, der edle Zeitmesser sollte vor allem für seinen Besitzer und dessen Geschmack erworben werden, nicht mit Rendite im Blick.
Wer dennoch auf einen merklichen Gewinnzuwachs hoffen möchte, kommt nicht umhin, selbst innerhalb der Gruppe von Luxusuhren noch mehr nach dem Besonderen zu suchen:
- Grundsätzlich limitierte Editionen: Allerdings besteht bei diesen ein Problem ähnlich zu brandneuen Luxusfahrzeugen: Selbst diejenigen, die sie sich leisten können, gehen oftmals leer aus. Schnelligkeit und intime Kenntnisse der Uhrenszene sind deshalb elementar.
- Besonders viele Komplikationen: Komplikationen sind die Zusatzfunktionen eines mechanischen Uhrwerks (ihres „Kalibers“). Je mehr Komplikationen, desto grösser der Aufwand für den Uhrmacher und desto höher Kunstfertigkeit und Wert. Der aktuelle Weltrekord liegt bei uns in der Schweiz bei der Vacheron Constantin Reference 57260 – mit unglaublichen 57 Komplikationen.
- Spezielle Materialien: Wenn eine Luxusuhr aus Edelstahl 2‘000 Franken kostet, dann ruft das gleiche Modell, aber in Platin oder Titan, höchstwahrscheinlich ein Mehrfaches auf. Entsprechend höher ist hier überdies die Seltenheit, also doppelte Chance für Wertsteigerungen.
Allerdings sei bei all diesen Tatsachen etwas unterstrichen: Man kann eine Uhr nach allen Regeln dieser Kunst kaufen und dennoch feststellen, dass sie in 10, 15 oder 20 Jahren niemand kaufen will – oder zumindest nicht zu einem Preis, der dem Inflationsverlauf seit dem Kauf entspricht. Deshalb erneut der Hinweis: Es ist absolut probat, sein Geld in kostbare Uhren anzulegen. Jedoch sollte niemand erwarten, darüber allein reich zu werden. Damit schliesst sich abermals der Kreis zum Kunstvergleich: Uhren sollte man kaufen und geniessen, nicht nur Franken im Sinn tragen.