Noch wird geschrieben und überarbeitet, gestaltet und gesetzt. Doch schon bald werden die Druckermaschinen eingeschaltet und das neueste Werk des Vereins Frauenspur Gossau geht in die finale Phase. «Frauenwege» heisst das zweite Buch, das Mitte November dieses Jahres erscheint. Im Mittelpunkt stehen, wie schon bei der ersten Ausgabe «Frauenspuren», bekannte und weniger bekannte Frauen, die in ihrem Leben mit Gossau verbunden waren. Anhand ihrer Lebensgeschichten wird gezeigt, wie vielfältig und mutig, engagiert und unerschütterlich Gossauer Frauen im 20. Jahrhundert waren. «Wir freuen uns sehr, mit dem zweiten Buch Gossaus Frauengeschichte weiterzuschreiben», sagt Vereinspräsidentin und Projektleiterin Brigitte Hollenstein-Gemperle. Die Reaktionen nach dem ersten Buch, das 2021 erschienen war, seien überwältigend gewesen. «Deshalb haben wir uns im Vorstand entschieden, weitere Frauen ins Rampenlicht zu rücken.»
Reise in die Vergangenheit
Geschrieben wurden die Kurzbiographien von Gossauerinnen und Gossauern, die zuvor stundenlang in Archiven recherchiert und mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, mit Töchtern und Söhnen, Verwandten und Bekannten gesprochen hatten. Eine dieser Spurensuchenden ist Rosmarie Nagel-Sonderegger. Sie hat die Lebensgeschichte von Ruth Helfenberger-Schiess aufgeschrieben, die während Jahrzehnten ein Coiffeurgeschäft führte und im Februar 2022 verstorben war. Rosmarie Nagel-Sonderegger traf sich an einem Samstagmorgen mit den Angehörigen. «Es war ein schönes, offenes und ehrliches Gespräch», sagt die Spurensuchende, «und es hat mein Bild von Ruth Helfenberger ganzheitlich gemacht.» Die beiden Frauen kannten sich aus dem Glaubenskurs und gingen danach immer gemeinsam nach Hause. «Wir waren fast Nachbarinnen und führten gute Gespräche.» Als die Spurensucherin aus Gossau wegzog, verloren sich die beiden jedoch aus den Augen. Umso schöner war es für Rosmarie Nagel-Sonderegger nun, fast 20 Jahre später, die Lebensgeschichte ihrer früheren Nachbarin aufschreiben zu dürfen. «Es war eine Reise in die Vergangenheit und hat sehr viele, sehr berührende Momente in Erinnerung gerufen.»
Farbige Bildtafeln als Mehrwert
Die meisten der 25 Lebensgeschichten im neuen Buch «Frauenwege» sind bisher nicht auf der Webseite frauenspur-gossau.ch veröffentlicht worden. «Es war uns wichtig, dass im Buch auch neue Geschichten Platz haben», sagt Brigitte Hollenstein-Gemperle. Die Kurzbiographien geben im weiteren Einblick in das Dorfleben im 20. Jahrhundert. Eine Zeit, die einerseits von Armut und eingeschränkten (Frauen-)Rechten geprägt war. Andererseits war es auch eine Zeit des Aufbruchs und des erwachenden Selbstbewusstseins der Frauen. Dazu liefern auch die Wissensseiten zwischen den einzelnen Geschichten Interessantes aus der damaligen Frauen- und Gesellschaftsgeschichte. Einen Mehrwert bieten ausserdem die farbigen Bildtafeln der einheimischen Künstlerin Annelies Egli in der Mitte des Buches. Die sogenannten Lebenssträssli wecken Erinnerungen an Menschen, Orte und Tätigkeiten in der Gemeinde zur damaligen Zeit.