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Gast-Kommentar
Drache-Füür
08.11.2024
09.11.2024 09:23 Uhr

"Parlieren"

Kolumne auf Gossau24. Bild: jg
"Drache-Füür" vom 8. November 2024.

Vier Monate sind seit der letzten Sitzung unseres Stadtparlaments vergangen. Zwischenzeitlich haben sich elf Themen angesammelt, die dringend behandelt werden müssen. Elf Gründe, um wieder einmal als Zuschauer an einem Treffen der 30 Parlamentarierinnen und Parlamentariern teilzunehmen. Die ersten 120 Minuten sind zum Gähnen. Es geht um fünf Bauprojekte. In der Eintretensdebatte erklärt der Chef der Baukommission (BK) zuerst jeweils das Projekt und die Anträge. Dann treten die Sprecher der Fraktionen zum Schaulaufen an. Sie nutzen die Gelegenheit in extenso und wiederholen, was der BK-Chef schon ausgeführt hat. Alle Fraktionen unterstützen die Vorlagen. In der Detaildiskussion passiert neben einigem Bla-Bla ebenfalls nichts. Die Abstimmungen enden erwartungsgemäss «einstimmig». Resultat: Wir geben Geld aus, das wir nicht haben. Das Notki-Schulhaus wird für 13,13 Millionen Franken saniert, die Bischofszellerstrasse und der Arnegg Dorfkern für 5,86 Millionen Franken aufgemöbelt. Allerdings muss das Stimmvolk an der Urne dazu noch «ja» sagen.
Nach einer "Bisi-" respektive Rauchpause folgt die Behandlung der sechs restlichen Traktanden. Zuerst werden für die Vorlagen für die Revision des Personalreglements und die Integration der Stadtbibliothek in die Stadtverwaltung zwei vorberatende Kommissionen eingesetzt. Gähn! Doch dann wird es plötzlich doch noch interessant. Der Stadtrat wünscht für die Beantwortung der Motion «Rettet unser Parlament» eine Fristverlängerung. Der Stadtrat habe die Frist mutwillig «verschlafen», meint dazu der Motionär. Und der Chef der Geschäftsprüfungskommission stellt fest, dass eine abgelaufene Frist nicht verlängert werden könne. Wo er recht hat, hat er recht! Dennoch gibt die Mehrheit des Parlamentes dem Stadtrat «mehr Zeit». Schliesslich geben noch ein Postulat und eine Interpellation zu Reden. Das Postulat verlangt die Prüfung einer Buslinie Gossau-Flawil-Degersheim. Nach der Begründung des Postulanten denke ich für mich: «Nach 160 Minuten das erste gescheite Votum». Doch da bin ich mit meiner Meinung wohl allein im Saal. Das Parlament folgt dem Stadtrat und erklärt das Postulat als «nicht erheblich» und damit gestorben. Für den rhetorischen Höhepunkt der Sitzung sorgt die Hirschberg-Fraktion. Sie hatte mittels Interpellationen den Stadtrat gefragt, weshalb im Hirschberg-Schulhaus keine Tagesbetreuung angeboten wird. Die Antwort fiel «nicht befriedigend» aus, weshalb auf Verlangen einer Ratsmehrheit rund 20 Minuten unverbindlich hin und her geredet wurde. Resultat: Schauen wir mal, wobei kein Geld und kein Raum vorhanden ist…
Es ist 21:25 Uhr geworden. Der Sitzungsleiter bimmelt mit der Glocke: Ende der Sitzung. Die Volksvertreter und die Exekutivmitglieder dislozieren ins Schäfli im Mettendorf. Ich ziehe mich in meine Höhle im Glatttal zurück und bringe meine Gedanken zum Erlebten auf Papier. Dabei schlaf ich ein. Lokalpolitik macht eben müde… Tausende von Kilometern entfernt wählt derweilen das Volk des mächtigsten Landes der Welt einen verurteilten Verbrecher zu ihrem alt-neuen Präsidenten.  
Ein sonniges Spazier-Wochenende wünscht Ihnen
Drago

Wehe, wenn er Feuer speit! In seiner Kolumne "Drache-Füür" kommentiert Drago auf Gossau24 jeden Freitag das Geschehen in Gossau - vor und hinter den Kulissen.

Drago