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Gast-Kommentar
Kanton SG
23.07.2025
25.07.2025 19:08 Uhr

"Wehret den Anfängen"

Wieviel religiöse Symbolik verträgt ein Klassenzimmer? Bild: KI
Eine Lehrerin mit Kopftuch soll ab Herbst an einer St.Galler Schule unterrichten – Bildungsdirektor Mathias Gabathuler begrüsst das und spricht von «Vielfalt». Damit verkenne er die Signalwirkung solcher Auftritte: Wer unsere christlich geprägte Kultur bewahren will, dürfe die Islamisierung des Schulunterrichts nicht verharmlosen, findet stgallen24-Chefredaktor Stephan Ziegler.

Die Debatte um Kopftücher an St.Galler Schulen (erst in Eschenbach, jetzt in der Gallusstadt) wird von manchen Zeitgenossen gerne als «Stimmungsmache» abgetan – zu Unrecht, denn es geht um weit mehr als ein Stück Stoff.  Es geht um die Frage, welche kulturellen Werte wir an unseren Schulen sichtbar leben und vermitteln wollen.

Wir leben in einer christlich geprägten Gesellschaft, die sich über Jahrhunderte durch Aufklärung, individuelle Freiheit und Gleichberechtigung entwickelt hat.

Diese Werte gilt es zu schützen und nicht durch falsch verstandene Toleranz preiszugeben.

Der öffentliche Raum – insbesondere die Volksschule – soll religionsneutral sein, wie es die Verfassung vorsieht. Doch Neutralität bedeutet nicht, dass jede religiöse Symbolik toleriert werden muss.

Das Tragen eines Kreuzes am Hals oder das Aufhängen eines Kruzifixes an einer Schule sind Zeichen unserer gesellschaftlichen Werte – und nicht zu vergleichen mit dem Kopftuchtragen .

Ein Kopftuch ist eben kein neutrales Kleidungsstück, sondern ein religiöses Bekenntnis, das in vielen islamischen Kulturen nicht nur Ausdruck des Glaubens, sondern Symbol eines bestimmten Frauenbilds ist – eines, das unserer Vorstellung von Gleichstellung und individueller Freiheit diametral widerspricht.

Gerade weil Lehrkräfte eine Vorbildfunktion haben, ist es notwendig, dass der Staat hier Grenzen zieht.

Wer hier lebt, geniesst Schutz, Freiheit und Rechte, die in vielen islamisch geprägten Herkunftsländern nicht existieren. Dass manche nun ausgerechnet jene kulturellen Muster, denen sie einst entflohen sind, an unseren Schulen wieder installieren möchten, ist schwer nachvollziehbar.

Wir müssen uns als Gesellschaft fragen, ob wir diesen schleichenden Rückzug in religiöse Parallelwelten wirklich akzeptieren wollen. Die Antwort kann für mich nur ein klares Nein sein. Wer sich für ein Leben in der Schweiz entscheidet, soll seine Religion privat ausleben dürfen. Aber der öffentliche Raum ist kein Ort für religiöse Selbstdarstellung oder politische Zeichen.

Es geht nicht um Diskriminierung, sondern um Integration.

Und Integration heisst nicht, dass sich die Gesellschaft der Herkunftskultur des Einzelnen anpasst, sondern dass der Einzelne sich mit unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung identifiziert. Dazu gehört auch die Bereitschaft, religiöse Symbole im öffentlichen Amt – und das ist der Lehrerberuf zweifellos – zurückzustellen.

Wer Gleichberechtigung ernst nimmt, sollte das Kopftuch an Schulen nicht verteidigen, sondern hinterfragen. Und wer unsere christlich-humanistischen Werte bewahren will, sollte sie auch sichtbar leben – im Unterricht, in den Lehrplänen und in der Vorbildfunktion der Lehrer.

Ein Kopftuchverbot an St.Galler Schulen – und zwar für Lehrerinnen und Schülerinnen – ist deshalb keine überzogene Massnahme, sondern ein notwendiges Signal für kulturelle Klarheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Falsch liegt in diesem Zusammenhang m. E. Stadtrat Mathias Gabathuler, wenn er das Kopftuch als Symbol der «Vielfalt» verharmlost und dabei behauptet, im urbanen St.Gallen sei man eben «weiter» als auf dem Land.

Wer meint, religiöse Zeichen wie das islamische Kopftuch seien ein Ausdruck von Fortschritt und Weltoffenheit, verdreht Ursache und Wirkung. Vielfalt entsteht nicht durch das Zurschaustellen religiöser Abgrenzung, sondern durch gemeinsame Werte, gemeinsame Regeln und die Bereitschaft, sich in eine bestehende Kultur zu integrieren – nicht in Konfrontation mit ihr.

Die Stadt macht sich damit in meinen Augen zum politischen Wegbereiter für eine Entwicklung, die langfristig genau jene Grundlagen untergräbt, auf denen unser Bildungssystem fusst: Freiheit, Gleichheit, religiöse Zurückhaltung im öffentlichen Raum.

Wer das Kopftuch bagatellisiert, öffnet die Tür für weitere Forderungen – von Gebetsräumen in Schulhäusern bis zu religiös motivierten Ausnahmeregelungen im Unterricht. Dieser Entwicklung gilt es standhaft entgegenzuwirken.

Stephan Ziegler